Was darf man heute als Fotograf, was darf man nicht? Gerade das Fotografieren von Menschen ist ein Gebiet, das rechtlich umstritten ist; wenn der fotografierte Mensch zuvor keine Einwilligung gegeben hat, dass er damit einverstanden ist fotografiert zu werden UND ggf. auch veröffentlicht (Internet oder Ausstellung).
Es gibt Gesetze, die das Persönlichkeitsrecht schützen, und dazu gehört auch, dass man nicht einfach ungefragt fotografiert und das Portrait veröffentlicht wird.
Zugleich gibt es auch Gesetze, welche die Kunstfreiheit schützen. Und da Fotografie nicht nur Dokumentation ist, sondern auch Kunst, stehen sich die Paragraphen gegenüber und behaken sich gegenseitig.
Ein konkreter Fall vor dem Bundesverfassungsgericht
Espen Eichhöfer fotografierte tagelang an einer Berliner Straßenkreuzung. Aus den entstandenen Fotos wählte er ein Bild für eine Ausstellung aus. Auf der Aufnahme war unter anderem eine Frau in einem Leopardenmantel zu sehen, die mit zwei Tüten die Straße überquerte. Wenig später musste er das Bild aus der Ausstellung nehmen, bekam eine Unterlassungsklage und wurde auf 4500 EUR Schadenersatz verklagt.…..
Andy Scholz, Juni 2020
Der Rechtsstreit begann mit einer Unterlassungsklage. Die Frau, die Espen Eichhöfer fotografierte sah „ihr Foto“ bei einer Ausstellung und richtete über ihren Anwalt eine Unterlassungsklage an den Fotografen. Dieser war damit einverstanden, das Foto aus der Ausstellung zu nehmen. Doch das genügte der Frau nicht. Sie verklagte den Fotografen auf Schadensersatz. Mit der Zahlung einer Schadenssumme war Espen Eichhöfer nicht einverstanden und entschied sich, es auf einen Prozess ankommen zu lassen.
Podcast „Fotografie neu denken“
Wer wissen möchte, wie es zum Thema weitergeht, kann sich im Podcast „Fotografie neu denken“ von Andy Scholz informieren.
#003 »Das illegale Bild. Straßenfotografie und das Bundesverfassungsgericht.«
Mit einem Bein im Gefängnis?
Eine zugespitzte Formuliert der Überschrift soll die Frage aufwerfen, ob man denn heutzutage seinem Hobby „Fotografie“ kaum noch frönen kann, ohne Gefahr zu laufen, verklagt zu werden. Kritisch ist diese Frage vor allem für die Streetfotografie, in der das Fotografieren von Menschen ein elementarer Bestandteil ist.
Fotografiert man einen Menschen, ohne dass man auf dessen Identität (genaues Aussehen) schließen kann, ist das grundsätzlich unkritisch. Fotografiert man in eine Menschenmenge, in der einzelne Personen erkenntlich sind, ist das ebenfalls unkritisch – es gibt im Recht eine Unterscheidung, ob man ein Foto, macht bei dem es unvermeidlich ist, dass darin Menschen auftauchen (z.B. Einkaufsmeile an einem Samstag Vormittag) oder ob man ein Foto gezielt von einer Person macht.
Was also kann man tun, wenn man Menschen fotografieren möchte?
Das Fotografieren von Personen, die deutlich identifizierbar sind und das Veröffentlichen eines solchen Fotos sind rechtlich kritisch; es sei denn, man hat von der Person eine schriftliche Einverständniserklärung. Jedoch ist ein solches Vorgehen bei der Streetfotografie sehr umständlich.
Ich tue mich generell schwer damit, fremde Menschen zu fotografieren. Leider. Denn ich mag die Portraitfotografie sehr, und ich würde gerne häufiger Menschen fotografieren. Jedoch möchte ich sie nicht einfach so heimlich fotografieren. Neulich fragte ich eine junge Frau, ob ich sie fotografieren dürfe. Sie hat es abgelehnt, und ich habe das respektiert.
Möchte man Menschen nur als „schmückendes Beiwerk“ im Foto integrieren, kann man das so machen, dass die Person nicht identifizierbar ist.
Das Fotografieren ist ein Drahtseilakt zwischen künstlerischer Freiheit und Persönlichkeitsrecht, wie oben bereits erwähnt. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie damit umzugehen ist. Es sollte jedoch selbstverständlich sein, dass man Menschen nicht in unvorteilhaften Posen fotografiert und diese Fotos dann veröffentlicht, um sich über die Person zu belustigen.
Literatur
Wer sich tiefer mit dem Thema „Fotografie und Recht“ beschäftigen möchte, findet entsprechende Literatur bei diversen Verlagen: